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Letzte Änderung für Artikel Jüdische Gemeinde Aurich: 20.02.2006 12:44

Jüdische Gemeinde Aurich

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Der jüdische Friedhof in Aurich
Der jüdische Friedhof in Aurich

Die jüdische Gemeinde in Aurich bestand über einen Zeitraum von ca. 400 Jahren von ihren Anfängen im Jahre 1657 bis zu ihrem Ende am 1. März 1940 .

Inhaltsverzeichnis

Geschichte der Jüdischen Gemeinde in Aurich

1635 bis 1933

Juden in Aurich wurden erstmals im Jahr 1635 in Person des sogenannten Hofjuden Calman Abrahams erwähnt. Seine Famiie bildete den Kern der Auricher Judengemeinde. Hinweise auf eine frühere jüdische Besiedlung der Stadt sind historisch nicht nachweisbar.

Die jüdische Gemeinde geht mit großer Wahrscheinichkeit zurück auf das Jahr 1657 , als einige jüdische Familienmitglieder nach Aurich kamen und die erforderliche Zahl von zehn männlichen Gottesdienstbesuchern für eine Minjan erreicht wurde. Schon ein Jahr später- 1658 sah sich die frühe Gemeinde und besonders der Hofjude Calman Abrahams einem Ritualmordvorwurf ausgesetzt. Die aus Altona stammende und im Hause des Hofjuden tätige junge Jüdin Judith war als erste Jüdin in Aurich in Anwesenheit des Fürsten Ostern in der Stadtkirche getauft worden (sie trug seither den Namen Christina). Noch im selben Jahr erhob sie den Vorwurf des Ritualmordes gegen die Auricher Juden. Eine vom Hofjuden beim Fürsten gegen Christina erwirkte Untersuchung erwies die Haltlosigkeit der Behauptungen. Dieses frühe Beispiel einer Â»Judenhetze« blieb aber in Ostfriesland einmalig. Der Hofjude in Ostfriesland hatte zweierlei Funktionen, einerseits oblag ihm die Versorgung des gräflichen Hofes mit Waren und Luxusgütern, andererseits war er oberster Repräsentant der Juden Ostfrieslands als Landrabbiner und Parnaß (Parnass = jüdischer Gemeindevorsteher). Er hatte für die Erhebung der Schutzgelder und anderer Abgaben der Juden zu sorgen. Zu gräflich bzw. fürstlich Ostfriesischen Zeiten hatten die jüdischen Familien zwischen einem und fünf Reichstalern an die gräfliche Kasse zu übertragen. Des weiteren musste eine Gans oder ein Kapaune abgegeben werden. Von den Abgaben befreit waren der Landrabbiner und Parnaß, welcher für die Eintreibung der Abgaben zu sorgen hatte und der Schuldiener nebst Vater, welche als zu arm angesehen wurden.

Seit 1659 lassen sich Geschäftsverbindungen der Auricher Hofjudenfamilie mit der Frankfurter Bankiers- und Korrespondentenfamilie Beer-Oppenheim zum Einhorn nachweisen und ein Sohn der Familie heiratete eine Tochter aus dem Hause des Hofjuden. Wenig später siedelte er nach Aurich über und trat 1686 die Nachfolge seines Schwiegervaters als Hofjude an und übernahm neben seinen Aufgaben als Hofjude auch noch die Münzpacht. 1744 fiel Ostfriesland nach dem Aussterben der Cirksena an Preußen und das Amt des Hojuden fiel weg. Die Stelle des Landrabbiners wurde 1777 nach dem Tod des letzten gräflichen Landrabbiners durch den preußischen König Friedrich II. besetzt, indem er dessen Sohn Isaak Beer mit der Aufgabe befasste, was auf den erbitterten Widerstand der jüdischen Bevölkerung des Landes traf (er wurde 1808 , als die Souveränität über Ostfriesland beim Holländischen Königshof lag, pensioniert und starb 1826 in Aurich). Obwohl die preußische Administration die jüdische Bevölkerung reduzieren wollte, prosperierte die Gemeinde in Aurich. Wurden 1769 noch 96 Mitglieder gezählt, stieg ihre Zahl von 1802 (168) über 1837 (288), 1867 (347) bis 1885 auf 406 Köpfe. Danach ist ein leichter Rückgang zu Verzeichnen. 1905 werden 370 Mitgieder gezählt, doch 1925 wird schon fast wieder die Marke von 400 Mitgiedern erreicht.

Der von Graf Ulrich II. 1645 ausgestellte Generalgeleitsbrief gestattete den Juden Ostfrieslands ostfriesischen Judenschaft, nach eigener Â»jüdischer Ordnung« leben zu dürfen. 1670 ließ die Fürstin Christine Charlotte einen Generalgeleitsbrief verfassen, in welchem den Juden die Abhaltung von Gottesdiensten in ihren Wohnungen oder in eigenen Synagogen gestattet worden war. Weiterhin legte er fest, dass sie ihre Toten nach jüdischer Gewohnheit bestatten durften. Doch erst 1810 kam es zur Errichtung einer Synagoge in Aurich, bis dahin nutzte die Gemeinde für ihre Gottesdienste einen Anbau am Privathaus des Hofjuden in der Langen Straße. Der jüdische Friedhof an der Emder Straße wurde 1764 / 65 angelegt, bis dahin fanden die Begräbnisse auf dem jüdischen Friedhof in Norden statt. Der jüdische Friedhof blieb bis zum Ende der Gemeinde im Jahre 1940 in Benutzung und hat sich bis heute in gutem Zustand erhalten.

Antisemitische Äußerungen und Handlungen waren bis Anfang der dreißiger Jahre selten. Für das 19. Jahrhundert ist im Gegenteil für ein sehr gutes Verhältnis zwischen der jüdischen und christlichen Bevölkerung auszugehen, was sich unter Anderem an der Spendenbereitschaft der Auricher abmessen lässt, als sich die jüdische Gemeinde 1810 eine eigene Synagoge bauen will und noch 1924 bescheinigt der Bürgermeisters Dr. Karl Anklam zwischen den Auricher Juden und den Stadtbürgern anderer Konfessionen eine "Einheit des Empfindens". Um das Jahr 1890 traten vereinzelt antisemitische Handlungen auf:

  • Zu Weihnachten 1892 wurden Handzettel mit der Aufschrift "Christliche Hausfrauen! Kauft Eure Christgeschenke nur in christlichen Geschäften" verteilt.
  • 1907 Ablehnung des Antrags der Gemeinde an die Stadtverwaltung, den zweiten großen Herbstmarkt zu verlegen, weil er mit dem jüdischen Fest Simchat Tora zusammenfiel
  • 1913 setzten Bestrebungen um ein Schächtverbot ein.

Zu Beginn der Weimarer Republik lässt sich für die jüdische Bevölkerung eine Erwerbsstruktur feststellen, welche sich schon seit dem 18. Jahrhundert herauskristallisiert hatte. Der weitaus größte Teil war in der Schlachterei und Viehhandel sowie Kram- und Manufakturwarenhandel tätig. Daneben gab es zwei angestellte Bankiers, von denen Heymann Seckels auch Mitglied der Industrie- und Handelskammer war, sowie einzelne Handwerker (je ein Bäcker , Maler und Tischler ) und einen Optiker . Die berufstätigen Frauen waren meist als Näherinnen und Verkäuferinnen tätig. Die Mehrheit der Juden lebte in bescheidenen Verhältnissen. Klein- und Fellhändler und einige Schlachter bewegten sich oft am Rande des Existenzminimums.

1933 bis 1938

Nach der Machtübernahme der Nationalsozialisten im Jahre 1933 begann auch für die Juden in Aurich das Zeitalter der Verfolgung. Zunächst wurden sie registriert und die Gestapo überprüfte bei einigen die politische Gesinnung. Auch Vereine Organisationen und Veranstaltungen standen mit Beginn der Nationalsozialistischen Diktatur unter Beobachtung. Zu einem ersten größeren Zwischenfall kam es am 31. März 1933 , als die Synagoge von bewaffneten SA Männern umstellt wurde. Man erzwang die Herausgabe der Schächtmesser , um diese dann auf dem Marktplatz zu verbrennen. War der Antisemitismus bis 1933 eine unbedeutende Randerscheinung in Ostfriesland geblieben, weitete er sich jetzt zum Flächenbrand aus. Die Boykottaufrufe der Nationalsozialisten ihr Ziel nicht und ein besonders eifriger Bürger Wilhelm Kranz, der Gründer der Auricher NSDAP Ortsgruppe, fotografierte die Bürger, welche in jüdischen Geschäften kauften, um sie dann in den Kdf - Schaukästen an den Pranger zu stellen. Dadurch verschlechterte sich die ökonomische Lage der Inhaber dieser Geschäfte. Eines nach dem anderen musste aufgegeben werden und wurde somit auf dem kalten Wege „ Arisiert “.

“Reichskristallnacht“ 1938

Am Abend des 9. November 1938 hatte eine Feierstunde der NSDAP anlässlich des Jahrestages des Kapp-Putsches stattgefunden. Unmittelbar danach wurden die Feuermedeanlage der Stadt außer Betrieb gesetzt und die Feuerwehr auf eine „Übung“ vorbereitet. Die SA riegelte das Synagogengelände ab und kurz darauf brannte sie auch schon. Die Feuerwehr wurde herbeigeholt um eine Ausbreitung des Feuers auf „nichtjüdischen“ Besitz zu verhindern. Währenddessen versammelten sich auf dem Marktplatz SA Truppen. Diese wurden instruiert „Juden ohne Rücksicht auf Alter und Geschlecht festzunehmen“ und in der landwirtschaftlichen Halle zu internieren. Dort mussten sie unter Schlägen und Demütigungen marschieren und militärische Übungen abhalten. Der Besitz der Juden wurde beschlagnahmt und abtransportiert. Alte, Frauen und Kinder wurden am 10. November Morgens entlassen, die Männer zum Ellernfeld getrieben. Dort mussten sie Arbeiten verrichten, ehe man sie ins Auricher Gefängnis sperrte. Schließlich wurden sie über Oldenburg in das Konzentrationslager Sachsenhausen deportiert, von wo sie erst nach Wochen zurückkehren konnten.

Exodus

Lassen sich schon 1933 in Aurich Vereine nachweisen, welche die Übersiedung nach Zypern und Palästina organisieren, hatten bis 1935 viele jüdischen Einwohner der Stadt ihren Besitz verkauft. Bis 1938 kehrte ein Viertel der jüdischen Bevölkerung der Stadt den Rücken und 1938 hatte Aurich schon fast die Hälfte seiner jüdischen Bürger verloren. Seit 1939 tauchen in den „Judenlisten“ der Stadt keine Händler oder Schlachter mehr. Wer konnte, war geflohen und nur noch die Alten und Armen blieben. Ihnen wurde der 1. März 1940 als letzter Abreisetermin genannt. Damit hörte die Auricher Judengemeinde auf zu existieren. Schätzungsweise 200 der ca. 400 Auricher Juden sind im Holocaust umgekommen, der Rest ist über die ganze Welt verstreut. Zurückgekehrt ist kein Einziger.

Siehe auch

Literatur

  • Ostfriesisches Kultur- und Bildungszentrum der Ostfriesischen Landschaft (Hrsg): Aus der Geschichte der Auricher Judengemeinde 1592 - 1940 , Bde 1 und 2 (Aurich 1982 / 4. Aufl.)
  • Herbert Obenaus (Hrsg.), Historisches Handbuch der Jüdischen Gemeinden in Niedersachsen und Bremen ISBN 3-89244-753-5
  • Herbert Reyer, Martin Tielke (Hrsg): Frisia Judaica. Beiträge zur Geschichte der Juden in Ostfriesland (Aurich 1988) [ ISBN 3-925365-40-0 ]
  • Das Ende der Juden in Ostfriesland, Katalog zur Ausstellung der Ostfriesischen Landschaft aus Anlaß des 50. Jahrestages der Kristallnacht, Verlag Ostfriesische Landschaft, Aurich 1988 [ ISBN 3-925365-41-9 ]

Wikipedia

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