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Letzte Änderung für Artikel Oberstift Münster: 17.01.2006 13:21

Oberstift Münster

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Das Oberstift Münster war der südliche Teil des Fürstbistum Münster , zusammen mit dem Niederstift bildeten sie das Hochstift Münster mit dem Bischoftssitz in Münster. Die Grenzen beschreiben das heutige Münsterland, von der Lippe bis zur Ems. Als territoriale Einheit wurde es im 13. Jahrhundert durch die Münsteraner Fürstbischöfe mittels verschiedener Stadtgründungen konsolidiert.

Inhaltsverzeichnis

Oberstift Münster: Voraussetzungen in Westfalen

Neben der Reichsstadt Dortmund, der einzigen in Westfalen, gab es nur in Paderborn einen königlichen Hof. Münster und das Münsterland waren, mit wenigen personalen Ausnahmen wie dem Bischof Hermann von Katzenellnbogen, königsfern, deutsche Könige zogen meistens auf dem Hellweg und am östlichen Münsterland vorbei in den Norden. Im 12. Jahrhundert lag die vom Kaiser Lothar III. noch fest unter sächsischem Herzogsverband stehenden Bistümer (Münster wurde 1121 unterworfen) am Rande des Einflußgebiets Heinrichs des Löwen. Im allgemeinen wurden sie in ihrer Entwicklung vernachlässigt, denn es kam, anders als im ,ostfälischen` und wendischen Gebiet nicht zu Stadtgründungen und Landeserschließung: ,,Die Städtepolitik Heinrichs des Löwen [...] wirkt in Westfalen offensichtlich nur als Bremse gegen eine selbständige Städtepolitik der emporstrebenden, aber von ihm im Zaune gehaltenen Fürsten und kleineren Dynasten.``[*] Nach seinem Sturz 1180 kommt es zu einem ,Aufblühen` Westfalens mit einer hohen Zahl von Städtebildungen bis etwa 1350.

Territorialbildung und Städtepolitik

Der Bischof von Münster nutzte geschickter als seine Kollegen in Osnabrück, Minden oder Paderborn die Antagonismen zwischen dem Löwen und dem Kölner Erzbischof zum Ausbau einer eigenen Territorialherrschaft aus.[*]Erster wichtiger Schritt war die Übertragung der Rechtstitel der Grafen von Kappenberg, dem ,,damals wohl mächtigsten westfälischen Grafengeschlecht nördlich der Lippe``[*], nachdem diese 1122 das erste Prämonstratenserstift östlich des Rheins gründeten und ihm beitraten. ,,Der Bischof konzentrierte damit in seiner Hand Rechtstitel von einer Dichte zwischen Lippe und Osning``, so urteilt Heinz Stoob, ,,wie sie so früh nur vergleichsweise selten in anderen Landschaften des hochmittelalterlichen Reichs erreicht wurde.``[*]

Zweiter wichtiger Schritt war der Sieg über den Grafen von Tecklenburg 1173, der bis dato die Schirmvogtei über die Stadt und das Hochstift Münster innehatte.[*] Damit waren die Grundlagen zur Herrschaftsbildung und zur Festigung des Territoriums im kommenden Fürstbistum Münster geschaffen. Mit dem Erwerb der Ravensberger Herrschaft Vechta-Fresenburg 1252, das die Grundlage des Niederstifts Münster bilden sollte, wurde der Bischof Herr über das Hochstift Münster, das sich von der Lippe bis nach Friesland erstreckte.

Besonders im Oberstift Münster, dem südlichen Teil des Hochstifts Münster, der deckungsgleich mit dem Münsterland ist, kommt es zu Territorialkonflikten zwischen den aufsteigenden Territorialherren. Konflikte zwischen neuen Landesherren untereinander brachen ebenso aus wie zwischen ihnen und Herrschern mit älteren Ansprüchen, wie zum Beispiel dem Erzbischof von Köln. Der Metropolit versuchte nach dem Sturz Heinrichs des Löwen die Herzogswürde in ganz Westfalen auszuüben und vom südlichen Westfalen über Soest auch das Münsterland in seine Gewalt zu bringen. Auch für den Kölner Landesherren galt, daß sein Territorium noch keineswegs ein einheitliches und konsolidiertes Gebiet war.[*] Erst an der Lippelinie brachte Hermann II. von Katzenellnbogen seinen Metropolitan aus Köln militärisch zum Stehen. Danach kam es immer wieder zu Konflikten des Kölner Bischofs mit dem Münsteraner Bischof, aber auch zur Zusammenarbeit, zum Beispiel in Vreden, wo Otto II. 1252 mit Philipp von Heinsberg zusammen eine Neustadt anlegte und die Schöffen auf beide ihren Eid ablegen mußten. Doch konnte Köln sich auf die Dauer nicht im Münsterland etablieren.

Die erste geplante Stadtgründung ohne vorherige Siedlung in Westfalen war schließlich Lippstadt nach 1168.[*] Die Edelherren zur Lippe waren mit den Grafen von der Mark die einzigen weltlichen Herren, die neben den geistlichen Herren in Köln, Münster, Osnabrück und Paderborn auf die Dauer sich als Herren größerer Territorien durchsetzen konnten. Von den circa 120 Grafen- und Herrengeschlechtern um 1150 in Westfalen bildeten die oben genannten 6 im 14. Jahrhundert die großen Territorialherren, die meisten anderen verschwanden völlig oder sanken auf den Rang von ,,Kleingrafschaften``.[*] Auch eine bewußte Städtepolitik hat neben wirtschaftlichen und politisch-militärischen Strategien zur Konsolidierung der Macht der Herrscher beigetragen.

Die in unserem Zusammenhang wichtigsten Bischöfe waren Hermann II. von Katzenellenbogen (1173-1203) und Ludolf von Holst (1226-1247). Beide traten stärker als ihre Vorgänger und Nachfolger als ,Städteentwickler` auf und von beiden kann behauptet werden, sie betreiben eine eigene ,Städtepolitik` innerhalb einer auf Intensivierung der eigenen Herrschaft zielenden Territorialkonzeption. Hermann II. hat einen wesentlichen Anteil am Ausbau der Territorialherrschaft im Hochstift und verstand es wie wenige seiner Vorgänger und Nachfolger, diese durch Stadtentwicklung zu sichern (neben verschiedenen Burgen und Klöstern vor allem Coesfeld (cf. Kap. 3.1) und Warendorf (cf. Kap. 3.2)). Er stand in engem Kontakt mit Bernhard II. zur Lippe und wird sich an dessen Stadtgründungspolitik ein Vorbild genommen haben: ,,Lippstadts Gestalt, Verfassung und Wirtschaft werden als Bestandteil einer Territorialkonzeption begriffen, die von Bernhard II. und seinen Söhnen Hermann II. und Bernhard, Bischof von Paderborn, entwickelt und verwirklicht worden ist, ein Modell, das in Anpassung an die jeweiligen herrschaftlichen, natur- und kulturräumlichen Voraussetzungen in weiten Teilen Westfalens und Niedersachsens Verbreitung fand 3#3...4#4.``[*]In die Regierungszeit Hermanns II. fielen die Stadtbildungen von Coesfeld, Warendorf, Bocholt, Ahlen und Beckum.

Ludolf von Holte zeigte sich fördernd für Telgte und Dülmen. Er konnte ebenfalls die Herrschaftsbildung durch Unterwerfung anderer Herren und durch die Förderung von Städten unter seiner Gerichtsbarkeit fortführen. Die Eroberung Wolbecks durch ihn und der Ausbau des Ortes zum bischöflichen Amtssitz zeigen jedoch auch, daß die Landesherren in ihren Amtsitzen eine immer schwerer durchzusetzende Stellung gegen die sich emanzipierenden Bürger der Stadt hatten - dies gilt für Münster ebenso wie für Paderborn, Osnabrück und Minden, wo die Bischöfe ihre Sitze aus der Stadt in einen Vorort verlegten. Wolbeck ist ein Beispiel für den Typus einer Minderstadt oder hier besser einer Siedlung nach Weichbildrecht (cf. Kap. 2.1.4), das ihm eine gewisse wirtschaftliche Entwicklung ermöglichte, ohne jedoch zu viel städtische Autonomie zu erlangen, die sich gegen den Landesherren hätte auswirken können. Nach dieser Konzeption vergaben die Münsteraner Landesherren im 13. und 14. Jahrhundert an viele Siedlungen Weichbildrechte zur Intensivierung ihrer Herrschaft.

Geologisch-Geografische Bedingungen

Das Münsterland bildet den Kernbereich der Westfälischen Tieflandsbucht. Es wird im Osten durch die bergige Landschaft des Teutoburger Waldes begrenzt, an die sich nordöstlich das untere Weserbergland anschließt. Im Süd-Osten bilden die Paderborner Hochfläche und im Süden die Lippe und die sich daran anschließenden Hellwegbörden die natürlichen Grenzen. Nach Westen und Norden öffnet sich das Münsterland dem Niederrheinischen Tiefland, den Niederlanden und der nach Friesland zeigenden Dümmer Geestniederung. Es wird in drei Bereiche unterteilt: Das West-, das Kern- und das Ostmünsterland. Die Lippe und die Ems sind die beiden größeren, teilweise beschiffbaren Flüsse, die beide ihre Quellen im südöstlichen Münsterland finden und sich dann nach Westen und nach Nordwesten durch das Land schlängeln. Daneben finden sich kleinere, unbeschiffbare Flüsse: Die von der Lippe das Kernmünsterland nach Norden durchkreuzende Werse und die von den Baumbergen in die Ijssel mündende Berkel. Die Baumberge, die Bocholter und die Beckumer Berge (alle drei in etwa 180 Meter Höhe) sind die einzigen Erhöhungen des Gebiets. Aus den Baumbergen stammt der bis hoch in den Ostseeraum exportierte Sandstein, den man zum Beispiel an dem von Münsteraner Bildhauern gehauenen Portalskulpturen des Rigaer Doms wiederfinden kann.

Das Kernmünsterland liegt etwa in der Mulde zwischen den Baum- und den Beckumer Bergen, die von max. 186m bzw. 175m auf 60m heruntergeht. Der Boden besteht weitgehend aus Lehm bzw. ist ein Kleiboden, der den hohen Niederschlag in der Region nur wenig durchläßt. Mit einer hohen Basensättigung des Bodens kombiniert, ergibt dies gute Voraussetzungen für den Ackerbau. So wird das Landschaftsbild bestimmt durch Waldstücke, Weide und Ackerflächen.[*]Dieses waren optimale Bedingungen für einen bereits seit dem frühen Mittelalter bekannten Zug von Rindern aus dem Friesland zu den Märkten des Rheins, die im Münsterland gut grasen konnten und den Durchgangscharakter der Gegend mit formten.

Im Ostmünsterland, das sich zwischen den Schichtkämmen des Osning und dem Paderborner Hochplateau befindet, ist der Boden sandiger als im Kernmünsterland. Dieses ist auf die Emstalung zurückzuführen. Die Landschaft ist geprägt durch Waldflächen und viele kleinere Flüsse, die in die Ems münden und die teilweise auch zu Moorbildung führen kann.

Die Niederungen des Westmünsterlandes, vor allem an der Lippe, sind versandet; nach Westen hin zeichnet es sich durch eine Heidelandschaft aus, wie sie sich auch in Holland findet. Durch die Öffnung nach Westen hin ist dieses Gebiet den maritimen Klimabedingungen und einem erhöhten Regenniederschlag ausgesetzt, was an den Niederungen auch zu Moorbildungen führt. Ausgeglichenen Temperaturen, gute Feuchtigkeitsbedingungen und ein fruchtbarer Torfboden ermöglichen eine lange Vegetationsdauer von durchschnittlich 235 Tagen und damit eine stärkere Grünlandwirtschaft als im Kern- und Ostmünsterland.[*]

Damit sind die natürlichen Rahmenbedingungen benannt, unter denen sich langsam eine Zivilisation mit Straßen, Handel, Städten und christlicher Missionierung entwickelte. Das Münsterland besteht aus drei unterschiedlichen Landschaften, die sich aber alle besonders durch die Landwirtschaft auszeichnen. Mit Ausnahme von Leinen und Sandstein gibt es nur wenige ,Rohstoffe`, die ein Exportgewerbe hätten begründen können. Die relativ flache Landschaft ermöglicht eine leichte Durchquerung des Landes, und Wiesen erlauben das Grasen von Herden auf dem Weg zum Rhein.

Verkehrsnetze

In Anlehnung an die geologischen Bedingungen bildeten sich in Westfalen und im Münsterland auch die Verkehrswege aus. Charakteristisch für das Münsterland ist das Fehlen einer zentralen leistungsfähigen Wasserstraße, so daß in erster Linie Landwege dem Warenverkehr dienten. Der Transport wurde zwar vorwiegend auf dem Land betrieben, aber auch die teilweise schiffbaren Flüsse wie die Lippe, die Ems und die Berkel wurden für den Warentransport benutzt. Entlang der Ems entstanden vor allem im Niederstift Münster ein Netz von periodischen Märkten im Handel mit den Friesen. Die Fernhandelsstraßen machten das Münsterland zu einem typischen Durchgangsland für den wirtschaftlichen Transport. Die Straßenführung wurde bedingt durch die Höhenunterschiede des Bodens und durch natürliche Furten. Die Städte entwickelten sich entlang von natürlichen Knotenpunkten und bestimmten erst nach der Stadtwerdung und der festen Verankerung von administrativen, militärischen und wirtschaftlichen Verflechtungen auch den Verlauf der Verkehrswege.

Bei der Betrachtung der Entstehung der westfälischen Städte fallen einige wesentliche Punkte bei den Städten vor 1180 auf: Die Stadt als Bürgergemeinde entwickelte sich bei einem bereits existierenden vorstädtischen Kern, der entweder ein Bischofssitz (Minden, Münster, Osnabrück und Paderborn) oder ein Königshof (Dortmund) war. Die Entwicklung zu einer Stadt wurde vorangetrieben durch ihre Lage an Fernhandelsstraßen. Die von (Poeschel 1968) erstellten Karten bestätigen die Aussage Carl Haases, daß der ,,Fernhandel [...] die entscheidende Triebkraft der Entwicklung gewesen ist.``[*] Für Münster galt eine Einschränkung: anfänglich lag die Siedlung Mimgernaford nur auf einer wichtigen Fernhandelsstraße, die weiter östliche liegende Siedlung Warantharpa (Warendorf) wäre als Bischofssitz besser geeignet gewesen, weil sie an der Emsfurt und auf dem Weg von Soest nach Osnabrück an einer verkehrstechnisch günstigeren Position lag (cf. Kap. 2.2 und Kap. 3.2).

Das Münsterland wurde von wichtigen Fernhandelsstraßen passiert, die nach der Gründung Lübecks 1159 und der wirtschaftlichen Erschließung des Ostseeraums durch die deutschen Kaufleute auch aus Westfalen und dem Rheinland an zentraler Bedeutung für den Warenverkehr vor allem vom Rhein in den Norden gewannen:[*]

  • Im Süden wurde es gestreift vom Hellweg, der vom Rhein/Duisburg über Dortmund, Soest und Paderborn nach Nordosten ging, der aber keine direkten wirtschaftlichen Auswirkungen auf das Münsterland hatte.
  • Vom Rhein/Köln verlief über Dortmund, Münster und Osnabrück eine Fernstraße (Rheinische Straße), die weiter nach Norden, nach Bremen, Hamburg und Lübeck ging.
  • Von und nach Holland und Flandern gerichtete Straße, vor allem von Münster nach Deventer, und dann weiter nach Brügge und Antwerpen.
  • Von Friesland und Groningen über Münster in das Rheinland gehende Straße (Friesische Straße).

Das Münsterland wurde durchzogen von einem Netz unterschiedlich stark frequentierter Fernhandelsstraßen, die zum einen die Süd-Nord-Richtung und zum anderen die West-Ost-Richtung bedienten. Es war ein Durchgangsland für den Warenverkehr vom Rhein in den Ostseeraum und von dort nach Flandern und Holland und zurück. Die Städtebündnisse des 13. und 14. Jahrhunderts zum Schutz vor Angriffen und vor allem zur Sicherung der Handelsstraßen zeigen die zentrale Bedeutung der Straßen für die wirtschaftliche Entwicklung des Landes.

Rechtliche Verflechtungen

Louise von Winterfeld bezeichnet drei Stadtrechtsfamilien in Westfalen nach ihren Oberhöfen: Dortmunder, Soester und Münsteraner Recht. Diese Rechte wurden aus älteren Rechten wie dem sächsischen und dem Kölner Recht mit Einflüssen aus Bremen und Mainz weiterentwickelt, boten aber genug Eigenständigkeiten, um von einer eigenen Rechtsfamilie sprechen zu können. Für das Münsteraner Recht macht sie besondere Einflüsse nordfranzösischen Rechts aus. Der Abschluss der Stadtrechtsentwicklung dürfte in allen drei Städten spätestens im 12. Jahrhundert erreicht worden sein, wie es stadtrechtliche Übertragungen aus dem Ende des 12. Jahrhunderts von Münsteraner Recht, das sie zum jüngsten der drei rechnet, zum Beispiel an Coesfeld 1197 zeigt.[*] Über den Münsteraner Stadtrechtskreis schreibt sie: ,,Unter den drei westfälischen Oberhöfen erscheint er als das einheitlichste und wenigstgegliederte Raumgebilde.``[*]Wenigstgegliedert heißt hier, daß sich im Münsteraner Rechtsraum nur sehr schwach ausgeprägt Teiloberhöfe entwickelten. Münster war stärker als Dortmund oder Soest an der Durchsetzung einer zentralen Schiedsinstanz interessiert. Lediglich Coesfeld konnte einen verhältnismäßig starken Teiloberhof im Quartier Up'm Braem entwickeln, gefolgt von Warendorf für das Quartier Up'm Drein, das aber ,,an Selbständigkeit und früher Handelsbedeutung``[*] hinter Coesfeld lange Zeit zurückstand. Der Rechtskreis Münsters deckte sich weitgehend mit dem politischen Kreis des späteren Fürstbistums, vor allem mit dem Oberstift Münster. ,,Eine gewisse Bindung des Stadtrechtskreises an das Territorium``, schreibt Carl Haase, ,,zeigt sich besonders im Münsterlande, ein Beispiel mehr für die eigenartig zielbewußte Städtepolitik der Bischöfe von Münster.``[*]

Westfälisches Recht unterschied sich etwa von (fränkischem) Kölner Recht durch den starken Einfluß sächsischer Rechtsgewohnheiten und durch die Ausbildung von eigenständigen Rechten wie dem Vem-, dem Anerben- und dem Weichbildrecht, das später auch im Ostelbischen Raum und im Magdeburger Recht vorzufinden war, sich von dem westfälischen aber unterschied. Daß sich eine Stadt zu einem Oberhof entwickelte, sieht man, wenn es nicht schon ausdrücklich in einer Urkunde erwähnt wurde, zum Beispiel an den Konsultationszügen der Tochter- zur Mutterstadt, deren Meinung in Zweifelsfällen einzuholen war Auch konnte gegen eine Entscheidung Appellation bei der Mutterstadt eingelegt werden - ,,zu Haupte gehen``[*], wie es genannt wurde. Die Durchsetzung eines einheitlichen Rechtsraumes mit einer zentralen Schiedsinstanz war auch förderlich für die wirtschaftlichen Verflechtungen innerhalb des Territoriums, da es Rechtssicherheit mit verschiedenen Instanzen für den Handel bot. Für die Verkehrswege bedeuteten einheitliche Rechte ebenfalls einen gewissen Schutz, doch war dies natürlich nur auf den Raum der Rechtsfamilie beschränkt und bot für den Fernhandel keine ausreichende Grundlage. Im 12. Jahrhundert wurden diese Bündnisse zur gegenseitigen Sicherung und zur Sicherung der Fernhandelsstraßen durch Landfrieden und Städtebündnisse wie zum Beispiel dem der Städte Osnabrück, Münster, Minden, Herford und Coesfeld 1246 in Ladbergen oder 1253 dem Werner Bündnis zwischen Dortmund, Soest, Münster und Osnabrück erweitert. Peter Johanek zeigte, wie sich in der Sicherung des Handelsfriedens die Interessen der handeltreibenden Bürger mit denen der Stadt- und Territorialherren vereinten und wie die Herrschaftssicherung durch Handelssicherung betrieben wurde. ,,Diese energisch wahrgenommene Geleitspolitik``, schreibt er, ,,sicherte dem Bischof von Münster eine herausragende Schlüsselstellung im Verkehrsnetz Nordwestdeutschlands.``[*]

Weichbild

Auch im Fall des Weichbildrechts spielten wirtschaftliche Überlegungen eine Rolle. Karl Kroeschell[*] hat 1960 eine Analyse des Rechtsbegriffs des Weichbildrechts vorgelegt. Nur kurz soll hier die Bedeutung dieses für die Herrschaftsintensivierung wichtigen Instruments erläutert werden. Im Münsterland ist es zum ersten mal 1178 bezeugt, als der Bischof Hermann II. dem Stift Überwasser Teile seines Bodens nach Weichbildrecht gab. Im Prinzip lief dieser Vorgang an den meisten Orten ähnlich ab: Der Bischof vergab Teile seines eigenen Bodens in der Nähe von bereits bestehenden Siedlungen in kleineren Parzellen an die Bevölkerung, damit diese dort siedeln, wirtschaften und den Boden weitervererben konnten. Mit dem Weichbild waren bestimmte städtische Rechte verbunden, wie ,,Zuzugsrecht, Selbstverwaltung und Markt``[*], aber die Bürger verblieben in bestimmten Pflichtverhältnissen zum Stadtherren wie Heergewäte und Gerade. Die Bürger waren ebenfalls verpflichtet, den Landesausbau durch die Kultivierung der Böden, sowie die Versorgung des Umlandes und der Städte durch Tier- und Forstwirtschaft voranzutreiben. Die städtische wurde mit der ländlichen Wirtschaft in einem Weichbildbezirk eingebunden: er war durch vier Friedenspfähle gekennzeichnet und war damit einer territorial bestimmten Wirtschaftskonzeption unterworfen. Das Weichbildrecht bot vormals dem Landrecht unterworfenen Bauern bestimmte städtische Freiheiten, ließ es aber nicht zu, daß sich eine eigenständig politische Bürgerschicht entwickeln konnte. Die entscheidenden Impulse lagen durch diese Konzeption beim Landesherren und nicht bei der Bürgerschaft.

Es wurde seit dem Ende des 12. Jahrhunderts zur Entwicklung von Ortschaften zu stadtähnlichen Siedlungen und dann zu Städten eingesetzt und diente damit der Erschließung, Konsolidierung, wirtschaftlichen Entwicklung und politisch-militärischen Sicherung des Territoriums. Bocholt erhält wicbelede 1201, Beckum 1231, Telgte 1238 und Ahlen 1246. Für die Bürger wirkte sich die Erhebung ihrer Siedlung zu einem Weichbild oder Wigbold wirtschaftlich positiv aus und der Herrscher konnte seine Position festigen: ,,Schon die Nennung dieser wenigen Städte weist darauf hin, daß die einzelnen Bürgergemeinden in der Verfassungswirklichkeit eine Verbesserung ihrer Stellung erreichen konnten, ja im Hinblick auf die städtische Wirtschaft wie fast alle westfälischen Mittel-, Klein- und Minderstädte mit den hansischen Fernverbindungen vernetzt wurden. Doch bestätigt gerade der frühe Abschluss der Herrschaftsbildung im münsterschen Territorium die Brauchbarkeit der Konzeption.``[*] Wigbolde waren ein Instrument zur Schaffung von wirtschaftlichen Verflechtungen und zur Konsolidierung von Herrschaft und Territorium.

Wirtschaftliche Verflechtungen - hansische Beziehungen

Die Fernhandelsstraßen geben den Rahmen für die wirtschaftlichen Verflechtungen des Münsterlandes mit Europa vor. Prägend ist die zentrale Stellung Münsters und seiner wirtschaftlichen Beziehungen, die bereits im 12. Jahrhundert nach ganz Europa führten. Münsteraner Kaufleute fanden sich im Schonenhandel genauso wieder wie im Bergener Kontor Bryggen, in Nowgorod, Smolensk und London. Vor allem das westliche Münsterland mit Coesfeld betrieb einen eigenständigen Handel mit Flandern und Holland, besonders mit Deventer.

Insgesamt war das Münsterland als ein Durchgangsland für den Transport von Waren anzusehen, das nur wenig eigenständiges Gewerbe mit Produkten für den Exporthandel entwickelt hat.[*] Der Hauptexportartikel war Leinwand, aber auch Sandstein aus den Baumbergen wurde vor allem in den Ostseeraum exportiert - an wenigen Stellen im Süden wurde auch Eisenerz gefördert und gehandelt, jedoch blieb dieser Handel noch marginaler. Der größte Teil des Wirtschaftslebens spielte sich innerhalb des Nahverkehrs ab, in der Lebensmittel-, Vieh- und Waldwirtschaft. Hauptträger des Nahhandels waren Bauernhändler, die sowohl den Acker bestellten und teilweise im Tuch- und Ledergewerbe tätig waren, als auch ihre Erzeugnisse auf Regionalmärkten vertrieben. Eine eigene Bürgerschicht von Kaufleuten war nur in wenigen Städten wie etwa in Münster und Coesfeld anzutreffen, also Städten des Fernhandels. Der lokale Austauschbedarf wurde in den kleineren Städten und Siedlungen vor allem durch Bauern vorgenommen, die im Münsterland durch die sogenannten Kiepenkerle, Wanderhändlern ergänzt wurden. An dieser Stelle kann kein Überblick über die wirtschaftlichen Beziehungen innerhalb und außerhalb des Münsterlandes gegeben werden, sondern es soll versucht werden, die Haupthandelsrichtungen aufzuzeigen.

Gekennzeichnet wurde der westfälische Fernhandel durch die bereits erwähnte Durchganssituation und den Wanderhandel, geprägt waren seine Beziehungen zu anderen Städten vor allem im Ostseeraum aber auch durch die große Zahl von Abwanderern aus Westfalen in diesen Raum. Aus Westfalen und aus dem Münsterland stammten viele der Bürger (zum Beispiel die de Warendorp in Lübeck)[*] und auch einige der von Fritz Rörig gezählten Gründerfamilien (die de Bocholt und de Coesfeld) und die später am Handel tätigen Kaufleute, die über Lübeck in die Städte entlang der Ostseeküste kamen. Die familiären Bindungen in das Münsterland hinein waren in der Kaufmannshanse eine wichtige Grundlage des Handels.

Das Münsterland bestand aus zwei hansischen Quartieren, die auf zwei älteren sächsischen Gauen aufbauten, dem Quartier Up'm Drein (Dreingau) und dem Quartier Up'm Braem (Braemgau). Sie waren Teil des späteren Westfälischen Viertels auf den Hansetagen, das dann dem Kölner Drittel zugeschlagen wurde. Im 13. Jahrhundert läßt sich nur wenig über die hansischen Beziehungen ablesen, war sie zu der Zeit doch vornehmlich auf den direkten Kontakt von Kaufleuten aufgebaut und weniger verfestigt als ab der Mitte des 14. Jahrhunderts, als die Städtehanse sich strukturierte. Innerhalb Westfalens stand Münster bis in das 15. Jahrhundert hinein hinter Dortmund und Soest in handelstechnischer Sicht an dritter Stelle. Münsterländische Kaufleute wurden in den Kontoren von Wisby-Nowgorod von Soester und Dortmunder Aldersleuten vertreten, ebenso bis in das 14. Jahrhundert hinein in Antwerpen. Vor allem in Livland und hier in den Städten Riga, Dorpat und Reval konnten Münsterländer Kaufleute neben den Soestern eine wichtige Stellung erringen, wie es die ,,Münsteraner Stube`` in Riga zeigt.[*] In dem Handelsvertrag von Smolensk 1229 wurden u.a. Vertragspartner aus den Städten Dortmund, Soest und Münster genannt,[*] was die bereits im 13. Jahrhundert bestehenden weiten wirtschaftlichen Verflechtungen auch der Münsterländischen Kaufleute zeigt. Im Londoner Kontor Stalhof, in dem Köln die stärkste Stadt war, konnten sich die Westfalen als das zweite Drittel unter der Führung von Dortmund etablieren. Hauptexportartikel waren die Leinwand, Bier und Korn, Hauptzwischenhandel wurde mit Wein aus dem Rheinland nach Westen und mit englischer Wolle und flandrischen Tuch in das Baltikum betrieben.

Für den Binnenhandel im Stift Münster fördernd waren zum einen die Zollfreiheit für münsteraner Bürger und zum anderen die Einrichtung von 4 Jahrmärkten zu je 5 Tagen in Münster als Zentralmarkt, zu dem dann zur Kennzeichnung des besonderen Marktrechtes das Sendschwert am Rathaus aufgehängt wurde.[*]

Innerhalb des Münsterlandes nahm wie bereits erwähnt das westliche Münsterland, das Braemquartier, eine besondere Stellung ein, weil sich die Städte um Coesfeld herum einem starken Handel mit Holland und Flandern und besonders mit der Stadt Deventer öffneten.[*] So galt in Bocholt, das an der nach Holland fließenden Bocholter Aa liegt, zum Beispiel der Deventer Pfennig als Zahlungsmittel. In diesem Städtekreis, dem im 13. und 14. Jahrhundert die Städte Coesfeld, Borken und Bocholt (Stadtbildung bis 1240), Vreden, Haltern, Horstmar und Lüdinghausen (bis 1290), Burgsteinfurt, Ramsdorf und Dülmen (bis 1350) angehörten, waren sechs Städte spätere Hansestädte: Unter dem Teiloberhof Coesfeld organisierten sich Bocholt, Borken, Dülmen, Haltern und Vreden im hansischen Städtebund. Von Coesfeld aus führte ein wichtiger Warenaustausch entlang der Berkel über die Ijssel nach Deventer, der in einem Vertrag 1293 gefestigt wurde. Die Öffnung zum niederländischen Raum nach Nordwesten, vor allem durch die Benutzung der Berkel und der Ijssel, stellt eine der ,,wenigen westfälischen Eigenhandelswege``[*] dar, die sich bis zu den Ijsselhäfen und dann über die Nordsee bis nach England, Norwegen und dem Ostseeraum erstreckten. Zu den gehandelten Gütern zählte neben wald- und agrarwirtschaftlichen Produkten vor allem die Leinwand, die in einer Privileg des dänischen Königs Abel 1251 (HUB, Bd. I, Nr. 411) an die Umlandfahrer genannt wurde. Seit dem 9. Jahrhundert war der Anbau von Flachs und Hanf im Münsterland bekannt. Neben diesem ,,Exportgewerbe``[*]wurden auch im westlichen Münsterland Tuche und Wein aus dem Rheinland weitergehandelt.

Das Zentrum des Oberstifts bildet die Bischofstadt Münster, dessen territoriale und stadtrechtliche Entwicklung als Mutterstadt eine Eigenheit im Oberstift darstellte und gesondert dargestellt wurde. Die Bischöfe des Fürstbistums nutzten das Instrument der Stadtgründung zur Konsolidierung des Territoriums im 13. Jahrhundert. Zu diesen Städten und Weichbilden zählten u.a. Coesfeld, Warendorf und Ahlen, die hier näher erläutert werden.

Stadtwerdung 1180-1290

Der Sturz Heinrichs des Löwens bewirkte in Westfalen ein Aufblühen von Stadtentwicklungen. Nach dem Fall des Löwen, zu dessen Herzogtum Westfalen gehörte und dessen Herzogswürde für Westfalen auf den Kölner Erzbischof überging, bewirkte ein Aufsteigen der kleineren Territorialherren und eine erhöhte Konkurrenz im Ausbau der Territorialherrschaft. In diesem Rahmen, vor allem vor dem Hintergrund des Kampfes um die Vormachtstellung in Westfalen zwischen dem Kölner Erzbischof, den Grafen von der Mark und dem münsteraner Fürstbischof müssen die Stadtförderungen im Münsterland gesehen werden. In dieser Zeit wurden vor allem bestehende Ortschaften mit bestimmten Rechten ausgestattet, die sie als Städte nach einem von (Haase 1969, S. 62ff.) aufgestellten Kriterienbündel nach rechtlichen, topographischen und wirtschaftlichen Faktoren kennzeichnete. Manchmal wurde das Stadtrecht verliehen, zum Beispiel an Coesfeld, meistens jedoch versah der Landesherr die Siedlungen mit einem Zwischenrecht, dem Weichbildrecht,[*]das ihnen eine stärkere wirtschaftliche Entwicklung erlaubte, sie aber gleichzeitig politisch nicht zu stark und unabhängig vom Landesherren machte. Anders als im Ostelbischen Raum wurden im Altsiedlungsgebiet Westfalens meistens keine komplette Stadtgründungen unternommen (erste Ausnahme war wie bereits erwähnt Lippstadt), sondern es fand eine gleitende Entwicklung statt von einem Hof über eine Siedlung zu einer Stadt. Die Frage des Gründungsunternehmerkonsortiums, die Rörig für Freiburg im Breisgau oder auch Lübeck stellt, ist im Oberstift Münster eher zu verneinen. Die Initiative für Stadtbildung ging in vermutlich allen Fällen vom Landesherrn und nicht etwa von einem Kaufmannskonsortium aus. Deswegen soll das Problem der Gründungskräfte hier auch eher im Hintergrund stehen. Dargestellt werden soll die Stadtbildung als Instrument wirtschaftlicher oder territorialer Strategie.

Grundsätzlich fällt es schwer, Bevölkerungszahlen für das 13. Jahrhundert zu ermitteln. Methodische Vorschläge, wie sie von Hildegard Ditt () erläutert werden und zum Beispiel von Franz-Josef Jakobi (Jakobi 1993a) für das Spätmittelalter und die Neuzeit vorgestellt werden, Steuerregister, Schätzungen durch kartographische Möglichkeiten, Sterberegister und ähnliches mögen für das Spätmittelalter greifen, sind aber in dieser Zeit quasi nicht vorhanden.[*]Brände lassen schriftliche Quellen für weite Bereiche ausscheiden.

Coesfeld

Coesfeld ist in diesem Zusammenhang eine Ausnahme, denn es wurde durch eine formale Stadtrechtserhebung samt noch erhaltener Urkunde am 12. März 1197 durch den Bischof Hermann II. zur Stadt erklärt. Müssen wir die Stadtwerdung bei den anderen hier noch zu untersuchenden Siedlungen als einen allgemeinen und teilweise nur in Analogie nachvollziehbaren Vorgang bezeichnen, bietet sie bei Coesfeld einen urkundlich belegten Einschnitt in die Geschichte der Siedlung. Auch ist Coesfeld in bezug auf seine Handelsaktivitäten vor allem mit den Niederlanden eine Ausnahmeerscheinung.

Geologisch-Geografische Lage

Coesfeld, das als Herde- oder Weidefeld gedeutet wird,[*] liegt auf 75-80 Meter höhe am Westrand der Baumberge im westlichen Münsterland. Es befindet sich in einer Übergangslage von sandigem Boden des mittleren Münsterlandes zu feuchten Moor- und Wiesenboden des Westmünsterlandes. Das Münsterland öffnet sich hier der holländischen Ebene mit seiner Heidelandschaft. Verbindungselement ist die durch Coesfeld fließende Berkel, die in die Ijssel mündet und die teilweise beschiffbar war. Entlang der Berkel führte eine kleinere Handelsstraße in das Ijsselgebiet. Coesfeld bildete den Zentralort des Westmünsterlandes in verkehrs-, handels- und verwaltungstechnischer Hinsicht.

Topografie der Stadt - Feldmark - Patrozinium

Die erste urkundliche Erwähnung findet die Siedlung 809 im Zusammenhang mit dem Tod des heiligen Ludger, als von einer Pfarre ,,im Coesfeld`` berichtet wurde.[*] 1118 wurde nicht nur die St. Lambertikirche genannt, die wahrscheinlich auf die 809 erwähnte Pfarrkirche zurückgeht und deren Patrozinium des Heiligen Lambertus aus Lüttich die Ausrichtung der Stadt nach Westen und den Märkten Hollands und Flanderns verdeutlicht, sondern auch der westlich davon gelegene Hof Heinrichs von Coesfeld, eines Neffen der Grafen Gottfried und Otto von Cappenberg.[*] In dieser Urkunde wurde auch erstmals auf die Bewohner des Dorfes Coesfeld bezug genommen, es muß sich also spätestens zu diesem Zeitpunkt eine größere Siedlung samt Pfarrkirche dort befunden haben. Mit der Übernahme des Dorfes durch das Stift Varlar 1126 setzte eine starke Ansiedlung und Entwicklung des Dorfes ein. Das Kloster vergab Teile des Hofes Coesfeld als Hausplätze, um das Wachstum der Siedlung zu fördern. Es entwickelte sich westlich der Pfarrkirche das dichter werdende Dorf mit Straßen zum Kirchort und über die süd-östlich der Kirche liegende Berkel, deren Aue bei Hochwasser nur an drei Stellen zu überqueren war. Das Gebiet südlich der Berkel gehörte nicht dem Stift Varlar, sondern war bischöflicher Grund, auf dem vier große Gräftenhöfe standen. Dem Eigentümer des Dulmaninghofes, Bernhard Dulmaning, wurde vom Stift Varlar die gutsherrliche Leitung über das Dorf Coesfeld übertragen, so daß eine gemeinsame Entwicklung des Gebietes nördlich und südlich der Berkel möglich war. Es blieb jedoch bis 1197 bei einer Konkurrenzsituation zwischen den beiden Teilen: Nachdem der Abt Jordanus, der Coesfeld auch mit dem Weichbildrecht münsteraner Prägung versah, die Lambertikirche neu erbauen ließ, tat es ihm der Bischof Hermann II. mit der St. Jakobikirche im Süden nach, die 1195 vollendet wurde.[*]

Bestimmt wurde der Stadtgrundriß im 13. Jahrhundert durch die Lambertikirche, die die Stadt entzweiende Berkel, den rechteckigen Marktplatz, die vom Marktplatz strahlenförmig auslaufenden Straßen und die Jakobikirche. Die Straßenführung war vor allem im Südteil der Stadt regelmäßig, was auf eine stärkere Planmäßigkeit der Ansiedlung schließen läßt. Auf dem Markplatz stand und steht ein Marktkreuz, wie es in Nordfrankreich und besonders der Champagne üblich war und ist.[*] Die einmalige Existenz eines Marktkreuzes in diesem Gebiet ist auf die Zugehörigkeit des Stifts Varlar zu den ursprünglich aus Nordfrankreich stammenden Prämonstratensern zurückzuführen.[*] Der mittelalterliche Grundriß war rund und hatte einen Durchmesser von 1600 Meter. Die städtische Feldmark lag außerhalb der Stadtumwallung von etwa 1195 und ging bis zum Hagen, geschützt durch eine dreifache Umwallung. Die Größe der Feldmark konnte jedoch nicht genauer ermittelt werden. Eine Stadtmauer erhielt Coesfeld ab 1303, die im Laufe des 14. Jahrhunderts von sechs Toren durchbrochen wurde. Die Topografie Coesfelds war typisch für die kleineren Städte des 13. Jahrhunderts, die Karl Kroeschell als Weichbildsiedlungstypus definiert.[*]

Privilegien und Rechtstitel

,,Eigenartig und selbständig``[*] nennt Louise von Winterfeld die Rechtsentwicklung der Stadt Coesfeld. Seit 1126 gehörte der Hof Coesfeld dem Stift Varlar. Der bereits erwähnte Heinrich von Coesfeld wurde in diesem Jahr Propst des 1123 gegründeten Prämonstratenserkloster. Er war seinem Onkel Otto von Cappenberg in dieser Funktion gefolgt und schenkte all seine Besitzungen dem Stift Varlar. Somit unterstand auch das Dorf Coesfeld samt der Pfarrkirche der Stiftsvogtei, die den Herren von Horstmar bis 1196 übertragen wurde. Nach dem Tod des Vogtes Wigboldus von Horstmar 1196 sicherte sich der Bischof Hermann II. die Vogteirechte durch die Schenkung des Hofes Dulmaning und der Jakobikirche an das Stift Varlar, das ihn im Gegenzug als Vogt über Coesfeld einsetzte.[*]Ein Jahr später unterstellte der Bischof die Stadt komplett seiner Macht durch die Stadtrechtsverleihung von 1197, die nur nach dem Verzicht des Abtes auf das Recht zur Wahl des Vogtes und der - vielleicht widerwilligen[*] - Zustimmung zur Stadterhebung erfolgen konnte. Der Varlarer Marktort wurde zur wichtigsten Stadt und zum wichtigen strategischen Standort für den Bischof im westlichen Münsterland. Die Erhebung zur Stadt war eine ,,planmäßig geförderte Entwicklung``[*] durch den Bischof von Münster.

Mit der Urkunde von 1197, der ersten Stadterhebung im Bistum Münster überhaupt, änderten sich die rechtlichen Bedingungen der jetzt zur civitas erhobenen villa. In der Narration wurde auf die vorhergehenden Rechtsverhältnisse eingegangen, die Abhängigkeit vom Kloster Varlar und der Vogtei der Herren von Horstmar. In der Disposition verlieh er den Bürgern die Freiheit von allen Vögten und vom Königsbann und von allen Vogteiabgaben und gab ihnen das gleiche Recht, wie es die münsteraner Bürger besaßen.[*] Durch die Stadtwerdung und durch eine Bestätigung des Varlarer Abtes Jordans wurde den Gerichtsschöffen das Regiment über die Stadt übertragen. Sie wählten zwei magistri scabinorum als Bürgermeister der Stadt. Ab 1287 waren Ratsmitglieder als consules bekannt, die aber den Gerichtsschöffen unterstanden.[*] Es vollzieht sich in Coesfeld früher als in den übrigen Städten des Münsterlandes eine Entwicklung von einer Schöffen- zu einer Ratsverfassung. Dies mag mit der starken handeltreibenden Bürgerschicht zu tun gehabt haben, die sich gegen den Stadtherren stärker durchsetzen konnten. Schöffen waren auf Lebenszeit ernannt und auf den Stadtherren vereidigt, Ratsherren wurden im Prinzip jedes Jahr erneut durch die Bürgerschaft gewählt. Das erste Siegel der Stadt stammte aus dem Jahr 1246 und zeigt den Kirchen- und Stadtpatron Lambertus zwischen zwei Kirchtürmen.

Wieso nennt die zu anfangs erwähnte Louise von Winterfeld die Rechtsentwicklung eigenartig? Gründe dafür dürften wahrscheinlich im auch nach 1197 fortbestehenden Einfluß des Prämonstratenserklosters liegen. Damit dürften nordfranzösische Rechtsvorstellungen des Mutterklosters Prémontré auf die Stadt Auswirkungen gehabt haben. Ebenso waren wahrscheinlich die besonders starken Beziehungen Coesfelder Kaufleute nach Holland und Deventer von Bedeutung für die weitere Rechtsentwicklung. Eigene Freundschaftsbündnisse mit overijselschen Städten bezeugten die Eigenständigkeit der Stadt gegenüber dem Bischof und der Stadt Münster. Die Aufnahme Coesfelds in den 1246 geschlossenen Städtebund zwischen Münster, Osnabrück und Minden verdeutlicht die Bedeutung der Stadt bereits in der Mitte des 13. Jahrhunderts.

Obwohl dem Oberhof Münster unterstellt, trat Coesfeld aus dem Kreis der münsterländischen Städte heraus und konnte sich gegenüber Münster seit 1234 auf einen kaiserlichen Freiheitsbrief, dem sog. Nonevokationsprivileg, berufen,[*]der Coesfelder Bürger auch vor Ausladungen an fremde Gerichte schützte, so auch vor münsteraner Gerichte. Da der Ort für den münsteraner Bischof von zentraler strategischer Bedeutung im sumpfreichen und unwegsamen Westmünsterland war, wird er versucht haben, die städtische Entwicklung dadurch besonders zu fördern, daß er ihnen diesen Freiraum zubilligte. Bei späteren Stadtbildungen ab der Mitte des 13. Jahrhunderts wurde den Bürgern nicht mehr so viel Freiheit zugestanden. Größter Konkurrent in diesem Gebiet waren die Horstmarer Edelherren, sowohl für den Bischof von Münster wie auch für den Abt von Varlar: ,,Wie aus der Zielrichtung aller Urkunden hervorging``, schlußfolgert Elke Widder, ,,war der Edelherr von Horstmar gemeinsamer Gegner von Bischof und Stift. Als Konkurrent im Territorialisierungsprozeß wie als Vogt, der eine Gefahr für das Kloster darstellen konnte, bot er sich als negative Integrationsfigur geradezu an.``[*]

Wirtschaftliche Verflechtung

Coesfelds Wirtschaft wurde bestimmt durch den Handel mit Holland. Der Hauptexportartikel ist die Leinwand, aber auch Getreide, Rinder und Leder wurden für den Handel ,produziert`. Über die Häfen der Ijsselstädte wurde die Leinwand bis nach Schonen geliefert, wie man aus der Zollordnung für Skanör schließen kann.[*]In der Gestattung einer Akzise für die Stadt Coesfeld durch den Bischof von Münster 1303 wird neben dem Verkauf von Leinwand auch der Kauf von Wein und Tuch genannt, die vom Rhein her weiter nach Holland verkauft wurden. Die Handelsbeziehungen zu dem benachbarten Gebiet wurden durch Ein- und Auswanderung dahin noch gefördert. Ab dem 13. Jahrhundert waren Familiennamen aus Coesfeld in Deventer und Kampen auszumachen, im 14. Jahrhundert tauchten in den Bürgermeister- und Richterlisten umgekehrt holländische Namen wie de Doesborg und de Twent auf.[*] Ein weiteres Exportgut, das entlang und teilweise auch auf der Berkel in die Ijsselstädte, v.a. Zutphen gebracht wurde, ist das Holz der Baumberge. Aus den Baumbergen stammte ebenfalls der Sandstein, der sich sowohl im Ostseeraum später wiederfand wie auch zum Beispiel beim Bau des Schlosses in Kleve im 14. Jahrhundert. Oldenzaal und Deventer schlossen mit Coesfeld 1261 und 1293 Verträge ab, die u.a. die Sicherung des Warentransports und den Schutz der Händler zum Inhalt hatten. Namen von Händlern aus Coesfeld traten im 14. Jahrhundert auch in England, in London und in Boston auf. Ob bereits im 13. Jahrhundert Handel dorthin betrieben wurde, ist eher fraglich. Eine eigene Münzstätte ist in Coesfeld nicht bekannt, doch entwickelte sich ein eigenes Coesfelder Maß, das für das westlichen Münsterland allgemein anerkannt wurde.

Insgesamt bot die Stadt Coesfeld für das 14. Jahrhundert ein Bild weitreichender Handelsbeziehungen, besonders in der Mischung von Binnen- und Fernhandel; für das 13. Jahrhundert waren die wirtschaftlichen Verflechtungen geringer und konzentrieren sich in erster Linie auf die Zuiderseeischen-overijsselischen Städte.

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